Weniger ist mehr
Simon Weidenbruch hat es geschafft, Hochspannung ganz neu zu erzeugen. Weshalb das ein radiometrisches Füllstandsmessgerät nachhaltiger gemacht hat, erklärt er hier.
Kann man das mit weniger Energie hinbekommen? Der Satz eines Kunden ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Das war 2008. Die Frage hatte sich auf Gammapilot bezogen, unser radiometrisches Füllstandsmessgerät, das prinzipbedingt nur funktioniert, wenn im Gerät Hochspannung erzeugt wird. 800 Milliwatt waren dafür nötig. Das klingt nach wenig, ist aber in explosionsgefährdeten Bereichen viel. Denn dort muss die Energie sicher abgetrennt werden von der Umgebung. Zudem ist eine eigene Stromspeisung nötig; zwei weitere Kabel müssen in Rohren zum Gerät gelegt werden – ein erheblicher Aufwand. Ich begann der Frage als Freitagnachmittags-Projekt nachzugehen. Das ist ein wöchentliches Zeitfenster, das wir für freies Arbeiten haben. Ich wertete den Stand der Forschung aus, probierte Schaltungen aus, überlegte, wie sich Hochspannung gut erhalten lässt. Nach zwei Jahren gelang mir der Durchbruch: 2010 präsentierte ich einen Prototyp, der Hochspannung mit nur 40 Mikrowatt erzeugt.
Erst wollte niemand glauben, dass das möglich ist: Radiometrie mit Zweileiter-Kompakttransmitter! Wir arbeiteten weiter an meinem Ansatz; 2016 kam das Gerät in die reguläre Entwicklung, 2019 auf den Markt. Gammapilot FMG50 ist mit der patentierten neuen Hochspannungserzeugung viel nachhaltiger: Unser neues Gerät braucht gegenüber dem Vorgänger deutlich weniger Strom, nur ein Drittel der Elektronik-Bauteile, einige Kilo weniger Stahl und keine teure Zusatzverkabelung mehr. Ich bin froh, dass ich damals drangeblieben bin. Und der Kunde? Er hat die neuen Geräte gleich verbaut – und kauft diese Art Messtechnik heute nur noch bei uns.
Veröffentlicht am 31.01.2024, zuletzt aktualisiert am 12.02.2024.
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