Den Mangel im Griff
Knappe Rohstoffe, fehlende Vorprodukte, unterbrochene Transportwege: Es knarzt und ruckelt in den globalen Lieferketten. Wie gelingt es, Kunden dennoch weiter zuverlässig zu beliefern?
LIEFERFÄHIGKEIT
Lücken im Supermarkt-Regal, monatelange Wartezeiten für Haushaltsgeräte und Neuwagen: Viele Menschen spüren im Privatleben, dass mit den Lieferketten etwas nicht stimmt. Für Fabian Dreier ist dieser Ausnahmezustand auch beruflicher Alltag. Als Leiter des Supply Chain Managements sorgt er mit seinem Team bei Endress+Hauser dafür, dass alle Materialien für die Produktion von Durchflussmessgeräten stets verfügbar sind.
Seit Pandemiebeginn ist das eine Mammutaufgabe: „Die Lieferketten stocken. Gleichzeitig gibt es einen Boom auf der Nachfrageseite. Zahlreiche Branchen wachsen; durch den Digitalisierungsschub mangelt es vor allem an Elektronikbauteilen“, sagt der 40-Jährige. Viele Hersteller mussten deshalb ihre Produktion unterbrechen. Endress+Hauser ist immer lieferfähig geblieben. „Das kommt nicht von ungefähr“, betont Fabian Dreier. „Wir stützen uns bei der Beschaffung auf ein stabiles globales Lieferantennetzwerk.“
Hand in Hand: Fabian Dreier, Leiter des Supply Chain Managements von Endress+Hauser Flow, legt bei Zulieferern Wert auf Partnerschaftlichkeit und Langfristigkeit.
Die strategische Einkäuferin Wenting Zhang-Kilian beschafft mit ihrem Team Elektronikbauteile und leitet eine Arbeitsgruppe, die sich mit sich abzeichnenden Engpässen beschäftigt.
LANGFRISTIGE BEZIEHUNGEN
Eine der tragenden Säulen ist Risikominimierung. „Dafür investieren wir schon lange in die Resilienz unserer Lieferketten“, sagt Fabian Dreier. Schlüsselkomponenten werden grundsätzlich aus mehreren voneinander unabhängigen Quellen in verschiedenen Weltregionen bezogen. Hinzu kommt eine kluge Lagerhaltung. „Am wichtigsten aber sind langfristige, belastbare Partnerschaften“, sagt Fabian Dreier. „Manche Zulieferer sind schon seit über 30 Jahren dabei. Wir teilen die gleichen Werte, arbeiten auf Augenhöhe zusammen und kommunizieren transparent miteinander.“
Natürlich ist auch Endress+Hauser mit Materialengpässen konfrontiert. Geraten Hersteller in Schwierigkeiten, weil etwa Vorlieferanten im Lockdown sind, verlängern sich die Lieferzeiten – oder Kunden erhalten nur Teilmengen. Arbeitsgruppen überwachen deshalb engmaschig die Lage. „Für kritische Teile wie Mikrocontroller prüfen wir mehrmals pro Woche die Verfügbarkeit. Dadurch können wir auch kurzfristige Änderungen auffangen“, erklärt die strategische Einkäuferin Wenting Zhang-Kilian.
AN EINEM STRANG ZIEHEN
Zeichnen sich Engpässe ab, greift der Einkauf auf einen ganzen Strauß von Maßnahmen zurück. „In kritischen Situationen suchen wir immer das direkte Gespräch mit den Distributoren und Herstellern. Wir fragen weitere Lieferanten auf dem Markt, unsere Bestückungspartner oder die anderen Kompetenzzentren in der Endress+Hauser Gruppe an“, sagt Wenting Zhang-Kilian. Ein Vorteil ist, dass Endress+Hauser seit vielen Jahren das Elektronik-Einkaufsvolumen bündelt. „Das gibt uns mehr Sichtbarkeit und eine höhere Priorität bei den Herstellern“, ergänzt Fabian Dreier. Darüber hinaus prüft die Entwicklung, ob andere Varianten eines Teils eingesetzt werden können oder ein Redesign möglich ist. Im Notfall kommen auch qualifizierte Komponenten-Broker ins Spiel.
Die intensive Zeit der letzten Monate hat alle Beteiligten zusammengeschweißt. „Wir haben intern sowie mit unseren externen Partnern gute Abläufe etabliert, und unsere Lieferanten sind sehr motiviert, mit uns etwas zu bewegen“, bilanziert Wenting Zhang-Kilian. Ein Band, das künftig noch wichtiger werden wird, wie Fabian Dreier betont: „Die globalen Transportketten sind nach wie vor gestört, die Lieferzeiten für Bauteile stabilisieren sich langsam auf hohem Niveau, steigende Energiepreise und schnellere Innovationszyklen verschärfen die Situation. Aber auch dafür werden wir Lösungen finden – gemeinsam.“
Veröffentlicht am 05.06.2023, zuletzt aktualisiert am 15.06.2023.
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