Ziemlich beste Freunde
Seit über 30 Jahren kooperiert Endress+Hauser mit dem integrativen Betrieb promonta in Reinach. Die Mitarbeitenden dort bauen Elektronikgehäuse für Durchflussmessgeräte montagefertig zusammen. Die Zusammenarbeit ist eine Erfolgsgeschichte – für alle Beteiligten.
Manchmal sind sich der erste und der zweite Arbeitsmarkt ganz nah. Etwa in Reinach: Vom Campus von Endress+Hauser Flow dauert es nicht einmal 60 Sekunden zu Fuß bis zu promonta. Der integrative Betrieb der Eingliederungsstätte Baselland (ESB) hat sich in der ersten Etage eines Gebäudes in unmittelbarer Nähe angesiedelt. Dort arbeiten Menschen mit körperlichen, geistigen und psychischen Einschränkungen. Was beide Unternehmen verbindet? Durchflussmessgeräte. Endress+Hauser produziert sie – und promonta baut dafür unter anderem Elektronikgehäuse montagefertig zusammen.
„Unser Ziel ist es, Menschen mit Unterstützungsbedarf die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten zu entfalten, Eigenverantwortung zu übernehmen und sie an einer wertvollen Arbeit teilhaben zu lassen“, sagt der langjährige promonta-Betriebsleiter Nikola Kafadar. Diesen sozialen Auftrag unterstützt Endress+Hauser seit über 30 Jahren. Die Zusammenarbeit in der heutigen Form rief damals Manfred Bieli ins Leben. Mitarbeitende der ESB hatten zu diesem Zeitpunkt schon einfache Arbeiten für Endress+Hauser übernommen, wie das Verpacken von Werbegeschenken. „Ich wurde gefragt, ob wir nicht auch anspruchsvollere Tätigkeiten hätten, und ich war sofort von dieser Idee begeistert – wir haben dann per Handschlag angefangen“, erinnert sich der langjährige Werksleiter von Endress+Hauser Flow.
„In Bezug auf Qualität, Liefertreue und Kosten merken wir keinen Unterschied zu anderen Partnern.“
Manfred Bieli
langjähriger Werksleiter von Endress+Hauser Flow
Qualität: promonta ist heute A-Lieferant von Endress+Hauser.
Konzentration: Die Mitarbeitenden bauen Elektronikgehäuse montagefertig zusammen.
Gemeinsam gewachsen
Damals wurden erste Einzelaufträge an die ESB-Betriebe vergeben; später dann wurde die Gehäusemontage dorthin ausgelagert. Im Laufe der Zeit stieg die Zahl der produzierten Durchflussmessgeräte beständig an – und das Auftragsvolumen wurde so groß, dass die ESB 2007 schließlich promonta als eigenständigen Betrieb ins Leben rief. Heute liefern rund 90 Mitarbeitende jährlich 750.000 Baugruppen an die Produktionsstätten von Endress+Hauser Flow weltweit, inklusive Qualitätskontrolle und Logistik. Die Arbeitsplätze sind hochmodern, der ganze Betrieb ist eng in die Produktionssysteme von Endress+Hauser eingebunden. Zugleich arbeiten die Mitarbeitenden in einer geschützten Umgebung und mit enger Begleitung.
Einer von ihnen ist Christian Oser. Er ist schon seit 19 Jahren im Betrieb, faltet Elektronikversandboxen, bearbeitet Gehäusedeckel oder schraubt sie fest. „Das alles macht mir richtig Spaß“, erklärt er. An diesem Tag sitzt er vor einer Kiste mit Gehäusedeckeln. Einen Deckel nach dem anderen beklebt er mit Etiketten. Auch um ihn herum sind alle konzentriert bei der Sache, Maschinen rattern, Schrauber surren. Einen Raum weiter setzt Roberto Zicaro seinen Schrauber an einem Gehäuse an und versenkt eine Schraube darin. Das Gehäuse umhüllt später die Elektronik eines Durchflussmessgeräts, das in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz kommt. „Ich finde es spannend, so genau arbeiten zu müssen“, sagt Roberto Zicaro. Zu schauen, dass die Position seines Arbeitsgeräts richtig eingestellt ist, die Schraube richtig sitzt. „Am Schluss wird meine Arbeit immer kontrolliert, das ist auch wichtig für die Qualität“, sagt er. Das gibt ihm das gute Gefühl, dass das, was er tut, etwas wert ist.
„Unsere Mitarbeitenden sind stolz, so industrienah zu arbeiten.“
Nikola Kafadar
viele Jahre Betriebsleiter bei promonta
Versand: Auch die Logistik mit Distribution an die weltweiten Produktionswerke übernimmt promonta.
Wachstum: Mittlerweile liefert promonta 750.000 Baugruppen im Jahr aus.
Potenziale entwickeln
„Die Aufgaben bei uns sind vielfältig und unterschiedlich schwierig. So schaffen wir Arbeit, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Unterstützungsbedarf abgestimmt ist, und tragen dazu bei, ihre berufliche Teilhabe und Selbstverwirklichung zu fördern“, sagt Nikola Kafadar. Dieses Vorgehen stellt zugleich sicher, dass promonta die Baugruppen so liefert, wie Endress+Hauser es erwartet. „Auch als soziale Einrichtung müssen wir unsere Aufträge auf Weltmarktniveau erledigen und flexibel sein“, sagt Nikola Kafadar. Dem Betrieb ist das über all die Jahre gelungen. Er hat sich an alle Veränderungen und neue Produkte angepasst.
„In Bezug auf Qualität, Liefertreue und Kosten merken wir keinen Unterschied zu anderen Partnern“, sagt Manfred Bieli. Im Foyer von promonta zeigt er auf eine Kuhglocke: Mit dieser zeichnet Endress+Hauser Lieferanten für herausragende Leistungen aus – promonta hat sie mehrfach bekommen. Mehr noch: Mittlerweile zählt der integrative Montagebetrieb zu den A-Lieferanten von Endress+Hauser und wird bevorzugt beauftragt.
„Unsere Mitarbeitenden sind stolz, so industrienah zu arbeiten“, sagt Nikola Kafadar. Regelmäßig werden promonta-Mitarbeitende bei Endress+Hauser Flow eingesetzt oder finden mit einer Anstellung dort zurück in den ersten Arbeitsmarkt. „Mit diesem Modell kommen wir der Inklusion näher“, sagt Nikola Kafadar. Auch Manfred Bieli hat den Handschlag von damals nie bereut. Nicht nur aus unternehmerischer, sondern auch aus persönlicher Sicht: „Ich habe von promonta einen wichtigen Ansatz im Umgang miteinander gelernt: die Menschen nicht nach ihren Defiziten zu beurteilen, sondern ihre Potenziale zu nutzen und zu fördern.“
Veröffentlicht am 29.11.2024.
Tauchen Sie mit dem Newsletter von «changes» jeden Monat durch neue spannende Geschichten in die Welt der Prozessindustrie ein!
Newsletter abonnieren