Sie hilft, wo sie kann

Es gibt mehr als eine – und ganz neu ist sie auch nicht: Künstliche Intelligenz ist so ein großer Alltagsverbesserer wie wenige andere Technologien. Dabei ist uns kaum bewusst, wo überall sie heute schon unser Leben prägt.

Text: Robert Habi, Roman Scherer
Fotografie und Illustration: 3st kommunikation, 3st kommunikation über midjourney, Joseph Racknitz – Humboldt University Library, Shutterstock
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Von was reden wir überhaupt?

Künstliche Intelligenz ist ein Teilbereich der Infor­ matik. 1956 schlug der Programmierer John McCarthy den Begriff auf einer Konferenz in den USA für die Simulation menschlichen Lernens vor. Heute gilt eine Maschine als intelligent, wenn sie Informationen oder Muster wahrnehmen, nach einer Vorgabe verarbeiten und sich dann ent­ scheiden kann. Unter den Sammelbegriff KI fallen Teilbereiche wie Maschinelles Lernen, Neu­ ronale Netze oder Deep Learning.

Die Frage lässt sich immer schwieriger beantworten. Umgetrieben hat sie schon den Informatikpionier Alan Turing im Jahr 1950. Er entwickelte das Imitation Game. Es testet, ob ein Mensch, der vor einem Computer sitzt und mit zwei Gesprächspartnern chattet, unterscheiden kann, wer von den beiden Mensch und wer Maschine ist. Gelingt das nicht, ist die Maschine intelligent. Auch wenn der Test umstritten ist, gilt der Brite bis heute als einflussreich. Eine kleine Hommage ist der täglich genutzte Spam­Schutz namens Captcha, bei dem Menschen Bilder zuordnen oder schwer erkenn­ bare Schrift wiedergeben müssen. Ausgeschrieben lautet Captcha „Completely automated public Turing test to tell computers and humans apart“.

Pinkcircle Maschinelles Lernen

Personalisierte Produktempfehlungen beim Online­Shopping kennt jeder. Maschinelles Lernen bildet die Grundlage dafür und für Künstliche Intelligenz in all ihren Ausprägungen. Die Technologie ermöglicht es, mit Algorithmen aus großen Daten­ mengen zu lernen und Muster zu erkennen. Die Daten müssen allerdings strukturiert vorliegen.

 

BluecircleKünstliche Neuronale Netze

Neuronale Netze verbinden mehrere Datenknoten miteinander, ähnlich dem menschlichen Gehirn, daher der Name. Auf vielen Ebenen laufen Prozesse des Maschinellen Lernens parallel. Was Neuronale Netze besonders macht: Sie können riesige Mengen unstrukturierter Daten – also Bilder, Texte oder Geräusche – zueinander in Beziehung setzen. Die Kehr­ seite: Die nötige Rechenleistung ist enorm, das Training kann Monate dauern.

YellowcircleDeep learning

Wenn Neuronale Netze mit weiteren Algorithmen und Daten­ knoten erweitert werden, spricht man von Deep Learning. Diese Methode des Maschinellen Lernens erkennt Muster und verknüpft diese eigenständig mit neuem Kontext. Sie kann eigene Entscheidungen treffen und diese auch hinterfragen. Somit kann Deep Learning Probleme lösen, die sonst nicht lösbar wären: etwa bei der Diagnose von Krankheiten per Bild­ erkennung.

„Die erfolgreiche Entwicklung einer effektiven KI könnte das Beste in der Geschichte unse­ rer Zivilisation sein oder das Schlimmste. Wir können nicht wissen, ob die KI uns eine unermesslich große Hilfe sein wird, ob sie sich über uns hinwegsetzt und uns ins Ab­ seits drängt oder ob sie uns
womöglich zerstört.“

Stephen Hawking,

Physiker, auf der Web Summit 2017 in Lissabon

Wie ökologisch ist KI?

1 Prozent des globalen Stromverbrauchs geht laut Inter­ nationaler Energieagentur auf den Betrieb von Rechenzentren zurück.

0,5 Prozent des globalen Stromverbrauchs könnten bis 2027 zusätzlich auf KI­Rechenzentren entfallen.

20.000 Grafikkarten waren allein für das Verarbeiten der Trainingsdaten von ChatGPT zuständig.

1.287 Megawattstunden Strom waren für das Training von GPT3 nötig.

10 Prozent seines gesamten Strombedarfs benötigt ein KI­Modell fürs Training, 90 Prozent verbraucht das Nutzen des Programms.

Eine Technologie für alle!

So lange haben verschiedene Webanwendungen gebraucht, um eine Million Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen.

Ohne Mensch geht’s nicht

Der Schachtürke, auch als „Automatischer Schachspieler“ bekannt, war eine berühmte Spielmaschine des 18. Jahrhunderts. Sie stellte einen in türkischer Tracht gekleideten Mann dar, der kaum eine Partie verlor. Im Inneren steuerte allerdings keine Mechanik die Bewegungen der Figuren auf dem Schachbrett, ein Mensch zog an Seilen und Hebeln. Das Geheimnis bestand bis 1835. Wer die Intelligenz im Inneren war, ist bis heute nicht bekannt. Dieser Mythos steht knapp 200 Jahre später in anderer Weise für die Menschen hinter den schlauen Maschinen. Viele der erfolgreichs­ ten KI­Modelle werden mithilfe Hunderttausender meist gering bezahlter Auftragsarbeiter geschult. Diese Clickworker suchen ihre Jobs auf großen Crowdsourcing­Plattformen. Eine der bekann­ testen heißt bezeichnenderweise „Mechanical Turk“.

Racknitz Turk
colourful daily routine

Fast schon Gewohnheit

In einem Tag steckt mehr KI als man denkt.

7:00 Uhr: Aufstehen! Wach werden, erstmal per Gesichtserkennung das Smartphone ent­ sperren. Habe ich Nachrichten?

7:30 Uhr: Beim Frühstück KI­generierte Wetter- und Börsenberichte checken.

8:00 Uhr: Frage an die KI-Assistenz im Smartphone: Welche Termine habe ich heute?

9:00 Uhr: Schnell eine Kunden-Mail übersetzen, das können KIs besser als ich.

13:00 Uhr: Mit der Navigation und Live­ Verkehrsdaten pünktlich zum Kundentermin.

17:00 Uhr: Termin beim Radiologen: Eine smarte Mustererkennung hilft bei der Bild­ kontrolle.

19:00 Uhr: Schon wieder eine unerwünschte E­Mail; gut, dass es automatische Spam-Filter gibt.

20:00 Uhr: Auf dem Sofa noch ein bisschen Online-Shoppen. Seltsam, dass mir der Anbieter immer passende Vorschläge macht ...