Impfstoff für die ganze Welt

CureVac ist Pionier in der Entwicklung und Herstellung von mRNA-Therapeutika. Gerade baut das Unternehmen seine Covid-19-Impfstoffproduktion aus – unterstützt von Endress+Hauser.

Text: Christine Böhringer
Fotografie: CureVac
Mann in Schutzanzug hält Impfdosis

20 Jahre ist es her, dass ein ­Doktorand in einem Tübinger Universitätslabor auf ein unerwartetes Phänomen gestoßen ist: Der Bio­loge suchte neue Impfstoffe. Dafür spritzte er Mäusen in Liposomen verpackte RNA-Proben, die die Bau­anleitung zur Herstellung von Proteinen beinhalten. Der Körper sollte das von den Zellen produzierte Protein als etwas Fremdes erkennen und eine Abwehrreaktion aktivieren. Einer Kontrollgruppe in­jizierte er RNA ohne schützende Hülle – und machte eine überraschende Entdeckung: Entgegen aller ­Erwartung löste die nackte RNA eine starke Immunantwort aus.

Der junge Forscher aus dem Tübinger Universitäts­labor war Dr. Ingmar Hoerr. Ein Jahr nach seiner Zufallsentdeckung gründete er zusammen mit seinen Studienkollegen Dr. Florian von der Mülbe und Dr. Steve Pascolo sowie seinen Professoren Dr. Hans-­Georg Rammensee und Dr. Günther Jung das Unternehmen CureVac, das sich auf die Erforschung und Entwicklung innovativer Arzneimittel auf der Grundlage von Boten- oder Messenger-RNA (mRNA) spezialisierte. Der Gedanke: Finden Forscher einen Weg, die neue Methode zu stabilisieren, könnte der Körper des Menschen seine eigenen Medikamente und Impfstoffe herstellen. Lange mussten die Gründer um Ingmar Hoerr für die Technologie kämpfen, nur wenige erkannten ihr Potenzial. Erst mit der Corona-­Pandemie erlebt sie ihren Durchbruch. Sie ist die Grundlage der vielversprechendsten Impfstoffe gegen Covid-19.

Impfstoffherstellung

225Mio.

Impfdosen hat die Europäische Union bei CureVac bestellt; für 180 Millionen weitere besteht eine Option.

Lagerung bei Kühlschranktemperatur

Auch in Tübingen bei CureVac läuft die Impfstoffproduktion derzeit auf Hochtouren. Im Dezember 2020 startete eine klinische Phase-3-Studie. Die Zulassung des Vakzins wird bei erfolgreichen Ergebnissen im zweiten Quartal 2021 erwartet. Andere Unternehmen waren mit ihren Kandidaten zwar früher auf dem Markt. Doch Schnelligkeit ist nicht alles: Der CureVac-Impfstoff ist leichter handhabbar. Er hält sich ersten Daten zufolge drei Monate lang bei Kühlschranktemperatur. Damit können auch Menschen in schwer zugänglichen Gebieten geimpft werden – ein wich­tiger Vorteil, um das Virus überall auf der Welt zurückzudrängen.

CureVac unterscheidet noch etwas von anderen Herstellern: „Das Unternehmen hat den gesamten End-to-End-Produktionsprozess selbst entwickelt und stellt den Impfstoff teilweise auf eigenen An­lagen her“, sagt Philipp Garbers, Branchenmanager Life Sciences bei Endress+Hauser Deutschland. Schon 2019 haben die Behörden bei CureVac die weltweit erste GMP-konforme Anlage zur Herstellung von mRNA-Therapeutika zertifiziert und für die Produk­tion von klinischen Prüfmustern zugelassen. Der Prozess ist standardisiert und universell. Alle Therapeutika können auf der gleichen Anlage produziert werden. Dadurch werden neue mRNA-Arzneimittel schneller verfügbar.

Der mRNA-Pionier

Die CureVac AG ist ein globales biopharmazeutisches Unternehmen auf dem Gebiet der mRNA-Technologie mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und Optimierung dieses vielseitigen biologischen Moleküls für medizinische Zwecke. Das Prinzip von CureVacs proprietärer Technologie basiert auf der Nutzung von chemisch nicht modifizierter mRNA als Datenträger, um den menschlichen Körper zur Produktion der entsprechend kodierten Proteine anzuleiten, mit welchen eine Vielzahl von Erkrankungen bekämpft werden können. Auf Grundlage seiner Technologie hat das Unternehmen eine umfangreiche klinische Pipeline in den Bereichen der prophylaktischen Impfstoffe, Krebstherapien, Antikörpertherapien und zur Behandlung seltener Krankheiten aufgebaut. CureVac hat seinen Hauptsitz in Tübingen, Deutschland, und beschäftigt mehr als 600 Mitarbeiter an den Standorten Tübingen, Frankfurt und Boston, USA.

www.curevac.com

Endress+Hauser war bei der Anlage als Komplettlieferant Partner für die Messtechnik und unterstützt CureVac im Augenblick, die Produktionskapazitäten rasch auszubauen: Auf dem Gelände in Tübingen entsteht eine weitere, noch größere Anlage, die 2022 in Betrieb gehen soll und dann jährlich Milliarden an Impfdosen produzieren kann. „CureVac war eine Standardisierung der Messtechnik wichtig, um die Arbeit für das Betriebspersonal zu vereinfachen“, erklärt Philipp Garbers. Zudem profitiert das Unternehmen vom Branchen-Know-how und der Kalibrierkompetenz von Endress+Hauser. „In der Pharmaindustrie müssen
im Rahmen der Qualifizierung von Neuanlagen kritische Messstellen vor Ort erstkalibriert werden“, ­erklärt Philipp Garbers. „Endress+Hauser gehört zu den wenigen Firmen in Deutschland, die solch eine Kalibrierung für eine Vielzahl von Parametern vor Ort durchführen können.“

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