Grüner Pioniergeist

Long Ridge Energy mischt als einer der weltweit ersten Kraftwerksbetreiber dem Erdgas in großem Stil Wasserstoff bei. Die Messtechnik spielt eine Schlüsselrolle, um der Energiewirtschaft den Weg zur Dekarbonisierung zu ebnen.

Text: Christine Böhringer
Fotografie: Endress+Hauser
A Raman analyzer (cabinet on the right) enables precise monitoring and control of the hydrogen injection process.

GASANALYSE

Die Energiewende macht es Gaskraftwerken nicht leicht: Einerseits sollen sie die Stromund Wärmeversorgung absichern, wenn gerade kein Wind weht oder die Sonne nicht scheint. Andererseits setzen sie durch das Verbrennen des fossilen Energieträgers selbst schädliches Kohlendioxid frei. „Betreiber wollen ihre Anlagen daher bereit für Wasserstoff machen. Das Gas soll in immer größeren Mengen dem Erdgas beigemischt werden, um den Gesamt-Kohlenstoffgehalt des Brennstoffs zu senken“, erklärt Cory Marcon, Branchenmanager für Kraftwerke und Energie bei Endress+Hauser.

Ein Vorreiter auf diesem Weg zur Klimaneutralität ist das Gas- und Dampf-Kombikraftwerk von Long Ridge Energy in Hannibal im US-Bundesstaat Ohio. Die 485-Megawatt-Anlage wurde als erste der Welt mit dem Ziel gebaut, reinen Wasserstoff in Verbindung mit Erdgas zu nutzen. Für die Umstellung braucht es vor allem eine gute Prozesssteuerung: Denn Wasserstoff hat andere physikalische Eigenschaften als Erdgas und verbrennt daher auf unterschiedliche Weise. Außerdem hat Wasserstoff einen geringeren volumetrischen Energiegehalt. Daher muss die Mischung exakt gesteuert werden, um die Anlage sicher und wirtschaftlich zu betreiben.

Long Ridge Energy vertraut an diesem Punkt auf Endress+Hauser. Die Lösung stützt sich auf gleich zwei innovative Technologien: Das Coriolis-Durchflussmessgerät Promass Q misst selbst bei schwankenden Prozessbedingungen höchstgenau Massefluss, Dichte und Volumenstrom. Damit wird sichergestellt, den Wasserstoff gleichmäßig einzuspritzen. Ein Raman-Analysator Rxn5 bestimmt gleichzeitig inline die Zusammensetzung des Gasgemischs und damit indirekt dessen Energiegehalt. So lässt sich der Brennstoff-Mix beinahe in Echtzeit validieren.

Endress+Hauser Optical Analysis

Teil der Anlage für die Fallstudie Long Ridge Energy in den Vereinigten Staaten

Shaking hands with customer in front of Raman Rxn5 analyzer at Long Ridge Energy

Mit einem Raman-Analysator (im Gehäuse rechts) lässt sich die Wasserstoff-Einspeisung überwachen und exakt steuern.

INNOVATION AUS DEM REGAL

Mittlerweile hat Long Ridge Energy dem Erdgas schon mehrmals erfolgreich fünf Prozent Wasserstoff beigemengt. Erfahrungen und Erkenntnisse aus dieser Installation sind in die Entwicklung eines Skids eingeflossen, das Endress+Hauser für das Beimischen von Wasserstoff in Brennstoffsysteme und Pipelines anbietet. Es ermöglicht, den Prozess zu automatisieren. Der Pioniergeist des Kraftwerksbetreibers bleibt derweil weiter lebendig: Long Ridge Energy will bis zum Jahr 2030 das Kraftwerk komplett mit Wasserstoff befeuern.