„Entscheidend ist das Vertrauen“

Seit 49 Jahren Partner, rund 18.000 Kilometer entfernt – die neuseeländische EMC Industrial Group vereint gleich zwei Superlative: Sie ist der langjährigste Repräsentant von Endress+Hauser und der am weitesten entfernte. Chris Gailer, Geschäftsführer und Sohn des Firmengründers, über eine ganz besondere Beziehung.

Aufgezeichnet von Kirsten Wörnle
Fotografie: EMC Industrial Group
Chris Gailer, Managing Director  EMC Industrial Group

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„Im Kern ist erfolgreiches Verkaufen über all die Jahre dasselbe geblieben: Es geht um die Begegnung von Mensch zu Mensch, um den Aufbau von Beziehungen. Doch der Rest hat sich im Lauf der Jahre fundamental geändert. Als ich 1988 begann, fuhr ich mit Produkten wie dem Grenzstandschalter Liquiphant durchs ganze Land. Sieben, acht Kundentermine täglich, fünf Tage die Woche. Ich trank mit den Kunden Kaffee, wir quatschten über Sport und das Wetter. Diese Zeiten sind vorbei. Der Kaffee schmeckt noch immer, aber die Erwartungen sind enorm gestiegen: Kunden wollen nicht nur viel schneller Antworten haben, sie wollen auch professionelle, sachkundige und erfahrene Ansprechpartner, die ihnen einen Mehrwert für ihr Geschäft bieten. Statt des Out-of-the-box-Geräteverkäufers ist nun der Experte gefragt. Jemand, der ihre Branche kennt und ihre Prozesse versteht – und ihnen Verbesserungen vorschlagen kann, an die sie vielleicht noch gar nicht gedacht haben.

Deshalb baut EMC nun ein landesweites Netzwerk auf, um Kunden komplette Lösungen und Services anbieten zu können. Dafür müssen wir unsere Leute viel mehr schulen als früher, was hier in Neuseeland gar nicht so einfach ist. Online-Seminare aus Europa fallen bei uns oft in die Nacht. Und selbst, wenn es Präsenzseminare gibt – Bangkok liegt immer noch näher an Europa als an Neuseeland; selbst nach Vietnam, wo das Endress+Hauser Support Center für den asiatisch-pazifischen Raum seinen Sitz hat, gibt es keinen Direktflug.

Trotzdem habe ich mich für Endress+Hauser entschieden. Bis Anfang der 1990er-Jahre hat EMC viele Hersteller vertreten. Doch als sich mir bei EMC die Gelegenheit bot, widmete ich mich zunehmend Endress+Hauser. Ich habe sogar zwei Jahre lang im Unternehmen selbst gearbeitet. Erst im Kompetenzzentrum für Füllstands- und Druckmesstechnik in Maulburg, dann bei Endress+Hauser International in Weil – wo ich meine spätere Frau kennenlernte – und schließlich im Werk für Durchflussmesstechnik in Reinach. Danach war die Sache klar: Ich habe gesehen, wie dynamisch das Unternehmen ist, dass Wachstum, familiäre Werte und neue Technologien zählen. Und ich habe die offene, direkte Kommunikation schätzen gelernt.

LANGJÄHRIGER REPRÄSENTANT

Die EMC Industrial Group mit Sitz in Auckland wurde 1971 von Heiner Gailer als Hersteller von Wägesystemen gegründet. Auf einer Messe fand er bei Endress+Hauser die Instrumente, die er brauchte. Daraus enstand die Partnerschaft, die seit 1974 immer weiter wuchs. Heute ist EMC der einzige Endress+Hauser Repräsentant in Neuseeland.

Für unsere Partnerschaft haben wir einen Vertrag unterzeichnet. Aber entscheidend ist unser gegenseitiges Vertrauen. Heute machen die Instrumente von Endress+Hauser rund 70 Prozent unseres Gesamtumsatzes aus. Unsere Beziehung könnte man mit einer Ehe vergleichen: Beide können ihre eigenen Aktivitäten haben, wir müssen das auch mit Blick auf den lokalen Markt, aber wir haben gemeinsame Ziele und teilen die Grundwerte. Über diese Grundwerte sind unsere Mitarbeitenden mit Endress+Hauser verbunden. Auch wenn wir mit 30 Leuten nur ein kleines Rädchen im 16.000-Personen-Unternehmen sind, fühlen wir uns zugehörig.

EMC besteht nun seit 52 Jahren, und wir haben selbst langjährige Kunden. Das zahlt sich jetzt mit der Digitalisierung und dem IIoT wirklich aus. Es ist wie bei einem Hausbau: Bislang waren Messinstrumente so etwas wie die Teppiche und Vorhänge. Sie kamen erst rein, wenn das Haus längst stand. Durch die Digitalisierung helfen wir jetzt dem Architekten und dem Kunden schon viel früher, das Haus zu bauen. Auf diesen Markt drängen freilich auch Hersteller, die unsere Preise unterbieten. Doch ich bin sicher: Am Ende werden die langfristigen Beziehungen den Ausschlag geben. Sie zu pflegen und gleichzeitig Vertrauen zwischen Kunden und Lieferanten aufzubauen, das wird immer zum Erfolg führen. Gerade die Digitalisierung braucht Vertrauen. Wo dieses wachsen kann, gedeihen Werte.“