Der 50-Millionen-Schatz

Das Internet der Dinge war noch eine ferne Vision, als Endress+Hauser vor 20 Jahren damit begann, eine zentrale Gerätedatenbank aufzubauen. Wie es dazu kam und weshalb die riesigen Informationsmengen heute ein echter Schatz sind, erklärt Michael Herzog – einer der Väter des Registers.

Aufgezeichnet von: Christine Böhringer
Fotografie: Andreas Mader
Michael Herzog

SERVICE

Endress+Hauser sammelt schon seit 20 Jahren systematisch und zentral Geräteinformationen? Diese erstaunte Frage höre ich oft – denn viele andere Unternehmen fangen gerade erst an, solche Datenbanken anzulegen. Dass wir auf diesem Gebiet Pioniere sind, haben wir unserer Serviceorientierung zu verdanken. Damals hatten wir bemerkt, dass es kompliziert wurde, wenn Kunden das Kalibrierzertifikat und damit eines der wichtigsten Gerätedokumente nicht mehr fanden: Sie mussten sich mit der Seriennummer an das zuständige Vertriebsbüro wenden, das wiederum das jeweilige Produktionswerk kontaktierte. Dort wurde das Zertifikat im Archiv gesucht und alles ging seinen Weg zurück. Die Archive waren damals schon riesig… dabei haben wir damals nur einen Bruchteil der heute 2,7 Millionen Sensoren im Jahr produziert!

Durch die Gerätedatenbank schafften wir die Papierberge ab. Mithilfe von Schnittstellen, eines eigenen Systems und eines neuen Standards wurden erst die Zertifikate und dann immer mehr Informationen über die ausgelieferten Geräte automatisch abgelegt. Digitalisiert und an einem Ort gespeichert, waren die Informationen nun intern weltweit verfügbar – die Vertriebsbüros konnten Kundenanfragen so schneller beantworten. Heute finden sich Informationen zu über 50 Millionen Geräten im System: etwa Stammdaten wie die Seriennummer, das Produktionsdatum, die Dokumentation, 3-D-Zeichnungen, Ersatzteillisten, die neueste Software und dazu alle Service-Berichte. Die Gerätedatenbank ist also nicht nur ein reines „Geburtsregister“, sondern bildet das ganze Leben unserer Messgeräte ab. Und hilft heute etwa auch, digitale Zwillinge zu erzeugen.

Ich muss zugeben: Vor 20 Jahren sind wir sehr intuitiv an die Sache herangegangen. Aber wir waren uns sicher, dass die Informationen viel Nutzen schaffen werden. Tatsächlich entpuppte sich die Gerätedatenbank mit zunehmender Zeit und wachsender Datenmenge als wahrer Schatz und große Wissensquelle. Sie wurde zum Beispiel bald genutzt, um Kunden besser zu beraten und neue Angebote zu kreieren. Dann haben wir auf einer Plattform unseren Kunden selbst Zugriff auf ihre Produktdaten gegeben. Mit dieser Offenheit haben wir nicht nur viel Vertrauen geschaffen, sondern auch neuen Nutzen: Anlagenbetreiber können ihre Produkte seitdem über den gesamten Lebenszyklus hinweg verwalten und so ihre Prozesse optimieren. Und die Rückverfolgbarkeit unterstützt uns heute im Qualitätsmanagement dabei, eine Menge Transparenz über die Produktqualität im Feld zu schaffen.

Mittlerweile haben wir den Punkt erreicht, an dem wir so viele Daten besitzen, dass wir sie mit neuen Technologien analysieren und Muster in ihnen erkennen können. Wir können etwa sehen, wie sich Geräte über lange Zeit im Feld entwickeln – ohne, dass wir dafür weitere Informationen, etwa über die Serviceleute, generieren müssen. So schließt sich wieder der Kreis zur Geburtsstunde der Gerätedatenbank: Auch das wird uns helfen, unsere Qualität und unseren Service weiter zu verbessern – und zwar in ganz neuen Dimensionen. Ich bin gespannt, was wir aus unserem 50-Millionen-Schatz noch so alles schöpfen können!

Michael Herzog Portrait closeup
Über Michael Herzog

Michael Herzog ist Ingenieur für Elektrotechnik und arbeitet seit 38 Jahren bei Endress+Hauser. Heute sorgt er als Director Quality and Business Excellence dafür, dass die Kunden von Endress+Hauser bestens betreut werden und zufrieden sind.