Skulptur mit Symbolkraft

Die starke Bindung zwischen Kunden, Mitarbeitenden und Gesellschaftern ist Kern der Firmenkultur von Endress+Hauser. Die Skulptur „Loyalty and Responsibility“ macht weltweit sichtbar, was das Unternehmen im Innersten zusammenhält.

Text: Alexander Marzahn
Fotos: Christoph Fein, Klaus Reinelt
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Was hat ein Technologie-Unternehmen mit Kunst zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel: Hier die Welt der hochpräzisen Messungen, der physikalischen Gesetze, der unbestechlichen Kennzahlen – dort die Sphäre des Schöngeistigen, wo es kein Wahr und Falsch gibt und der persönliche Geschmack wichtiger ist als fachmännische Analyse.

Doch Endress+Hauser ist nicht nur ein Hightech-, sondern auch ein Familienunternehmen. Und Familienunternehmen sind anders. Eine starke Werteorientierung und eine tief verwurzelte Firmenkultur zeichnen sie aus. Nicht ohne Grund stellt der Claim von Endress+Hauser, „People for Process Automation“, den Menschen an die erste Stelle: „Es sind die Menschen, die den Unterschied machen und ein Unternehmen zur Exzellenz führen“, ist Verwaltungsratspräsident Klaus Endress überzeugt.

Kunden, Mitarbeitende und Gesellschafter haben in diesem Gefüge unterschiedliche Rollen. Doch sie alle tragen das Unternehmen und hängen voneinander ab. „Allen dreien geht es am besten, wenn sie loyal und verantwortungsvoll handeln“, erklärt Klaus Endress. Belassen die Gesellschafter den überwiegenden Teil des Gewinns im Unternehmen, können etwa bessere Produkte entwickelt werden. Das sorgt für zufriedene Kunden, generiert mehr Geschäft, schafft neue Arbeitsplätze – und kommt so am Ende allen Beteiligten zugute.  
 

84cm

Durchmesser hat der bronzene Ring, dessen drei Segmente die Zusammengehörigkeit von Kunden, Mitarbeiter und Gesellschafter symbolisieren

Die Sprache der Kunst

Pflege und Weiterentwicklung dieser Firmenkultur waren Klaus Endress schon als CEO der Gruppe ein wichtiges Anliegen und sind es bis heute geblieben. Seit vielen Jahren nutzt er dazu auch die kommunikative Kraft der Kunst: Mit der Skulptur „Loyalty and Responsibility“ hat er vom Schweizer Künstler Bruno Guthauser ein Kunstwerk schaffen lassen, das der Vorstellung vom „guten Unternehmen“ eine Form gibt. 

Die Idee dazu entstand, wie so oft bei Klaus Endress, in der freien Natur: Auf seinen täglichen Fahrradtouren mit dem Hund lernte er den Künstler kennen, der oft im selben Waldstück unterwegs war. Schon bald führten die beiden Gespräche, die häufig um das Wesen von Loyalität und Verantwortung kreisten. „Ich wusste, dass er als Eisenplastiker die Mittel hat, so ein Thema umzusetzen. Deshalb fragte ich ihn eines Tages, ob er sich vorstellen kann, diese Gedanken in eine künstlerische Form zu bringen“, erzählt Klaus Endress. 

„Für mich waren es wunderbare Gespräche“, erinnert sich Bruno Guthauser. Er ging mit viel Respekt an die ersten Entwürfe. Als Grundform wählte er einen Kreis. „Je schlichter die Form, umso größer die Wirkung“, sagt der Künstler. So entstand ein bronzener Ring, 84 Zentimeter im Durchmesser, aus drei gleich großen Segmenten, die fest ineinander verschränkt sind. Die drei Teile stehen für Kunden, Mitarbeitende und Gesellschafter. „Es geht um die Frage: Halten und Gehaltenwerden“, sagt Bruno Guthauser. „Das passiert in jeder Familie, in jedem Unternehmen. Keiner erhebt sich über den anderen, gemeinsam bringen sie das Rad in Schwung.“ Klaus Endress vergleicht das Werk mit einem „Ehering“, der das Bündnis von Kunden, Mitarbeitenden und Gesellschaftern besiegelt. 
 

„Es geht um die Frage: Halten und Gehaltenwerden. Das passiert in jeder Familie, in jedem Unternehmen.“

Bruno Guthauser

Skulptur

Zeichen der Firmenkultur

Heute steht die Urfassung des Kunstwerks – eine 30 Zentimeter große Schmiedearbeit – im Büro von CEO Matthias Altendorf. Klaus Endress machte sie ihm zum Geschenk, als er 2014 die Leitung des Familienunternehmens in seine Hände legte. Matthias Altendorf ist sich der Symbolik bewusst – als Zeichen seiner eigenen Verantwortung ebenso wie der Bedeutung, die die Firmenkultur für ein immer globaler agierendes Unternehmen hat.

„Endress+Hauser ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Heute haben wir über 15.000 Mitarbeitende. Sie alle sind Botschafter unserer Marke und sorgen dafür, dass unsere Kunden weltweit nach denselben hohen Qualitätsstandards betreut werden“, erklärt der CEO. „Um dieses Selbstverständnis und den Zusammenhalt zu fördern, müssen wir unsere Werte pflegen und leben. Die Skulptur trägt diese Botschaft rund um die Welt.“ 

Weiht Endress+Hauser ein neues Gebäude oder einen neuen Standort ein, wird jeweils ein Abguss dieser Skulptur enthüllt. Nicht als schmückendes Beiwerk, sondern als starkes Plädoyer für eine Unternehmenskultur mit weltweiter Geltung. Ob in Shanghai, Madrid oder Abu Dhabi: An inzwischen 38 Standorten begrüßt das mannshohe Kunstwerk Kunden und Mitarbeitende, und jedes Jahr werden es mehr.  
 

Im Umfeld verankert

Ohne Sockel bringt die Skulptur stolze 120 Kilogramm auf die Waage. Der Sockel selbst wird jeweils aus einem lokalen Gestein geschlagen. Er symbolisiert die Verankerung am Standort und steht zugleich für die Einbettung in die Umwelt und die Gesellschaft, in der sich das Unternehmen bewegt. „So wie Kunden, Mitarbeitende und Gesellschafter Verantwortung übernehmen, ist auch das Unternehmen als Ganzes gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft verpflichtet“, erklärt Klaus Endress. „Somit ist die Skulptur auch Ausdruck der gesamthaften, über alles reichenden Verantwortung des Unternehmens.“ 

skulptur Schritt 1

Schritt 1

Schritt 2

Schritt 2

Schritt 3

Schritt 3

Schritt 4

Schritt 4

Schritt 5

Schritt 5

Schritt 6

Schritt 6

Aus einem Guss

Die Skulptur „Loyalty and Responsibility“ wird im Hohlguss-Verfahren in Kleinserie von der Firma Fischer JRG AG in der Schweiz hergestellt. Selbst für einen Spezialbetrieb ist ein Hohlguss dieser Größe eine Herausforderung.  

 

  1. Als Vorlage dient ein vom Künstler geschaffenes ­Styropor-Modell; für die Herstellung der Gussformen wird ein Hartholz-Replikat genutzt.  
  2. Die Form besteht aus ausgehärtetem Quarzsand und wird bei jedem Guss zerstört. Ihre Hälften werden mit einer Gasflamme erhitzt, damit keine Feuchtigkeit mit dem Metall reagiert. 
  3. Bevor die Hälften verschraubt werden, wird der Kern eingesetzt. Er definiert den Hohlraum und die Wanddicke der Skulptur.  
  4. Derweil werden 230 Kilogramm Bronze bei 1.350 Grad Celsius geschmolzen und kleine Mengen Zinn und Phosphor zur Nachlegierung beigemischt.  
  5. Die heiße Bronze wird zur Form gefahren und die Skulptur in nur 22 Sekunden gegossen.
  6. Zuletzt wird das Objekt noch geschliffen, sandgestrahlt und patiniert – und auf einem Sockel verankert, der aus Stein gearbeitet ist.