Restlos verwertet

Wernsing Feinkost macht aus Kartoffeln nicht nur Pommes und Rösti, sondern auch Wärme und Strom. Passgenaue Lösungen sorgen dafür, dass dabei alle Prozesse optimal laufen.

Text: Tim Schrodt
Fotografie: Christoph Fein
fermenters turn potato remnants into biogas for electricity generation at the Wernsing plant in Addrup.

Nachhaltig wirtschaften? Aus dem Vorhandenen alles rausholen? Kreislaufwirtschaft? Für die Wernsing Food Family sind das keine neuen Schlagworte: Die Unternehmensgruppe verarbeitet an 15 Standorten in Europa jährlich rund 500.000 Tonnen Kartoffeln zu Pommes Frites, Kroketten, Rösti und weiteren Spezialitäten. Im Werk am Hauptsitz in Addrup in Niedersachsen wird das Lebensmittel seit 20 Jahren restlos verwertet. Der Betrieb nutzt das Potenzial des Abwassers und der Produktionsabfälle, um damit einen erheblichen Teil des Strombedarfs für seine energieintensiven Herstellungsprozesse zu decken.

Kernelement ist die Erzeugung von Biogas. Dazu vergärt Wernsing Reststoffe aus der Kartoffel- und Lebensmittelproduktion in mittlerweile sechs Fermentern und füttert zwei Mal stündlich frisches Material zu. Das entstandene Gas mit einem Methangehalt von durchschnittlich 62 Prozent wird anschließend getrocknet und gereinigt. Es speist fünf Gasmotore, die in Kraft-Wärme-Kopplung eine elektrische Leistung von bis zu vier Megawatt erzeugen. Die 450 Grad Celsius heißen Abgase der Motoren helfen, den in der Vergärung anfallenden Schlamm nach der Entwässerung zu trocknen. Übrig bleibt ein Naturdünger, den das Unternehmen verkauft.

6 Fermenter

erzeugen bei Wernsing in Addrup aus Kartoffelresten Biogas, das verstromt wird.

EXAKTE MESSUNG MIT BIOGAS-PROFIS

Das Rückgrat der Abwasserbehandlungs- und Biogasanlage bildet die Prozessinstrumentierung. Auf der Suche nach robusten und langlebigen Geräten wurde Wernsing bei Endress+Hauser als Komplettlieferant fündig. Die passende Messtechnik hilft aber auch, die spezifischen Herausforderungen der verschiedenen Applikationen zu meistern, damit die Anlage rund um die Uhr reibungslos arbeitet. Für den Abwasserbereich wurde etwa eine Lösung ausgetüftelt, die die Belüftung in den Belebungsbecken entsprechend den Abbauvorgängen steuert und damit den Energieeinsatz optimiert. Im Biogasbereich sorgt eine weitere Lösung dafür, dass die Sensoren in den Fermentern regelmäßig gereinigt werden. Und auf dem Weg zu den Motoren erfassen 19 Ultraschall-Durchflussmessgeräte Prosonic Flow B 200 die Gasmenge selbst unter schwankenden Bedingungen genau. Die einzigartige Messtechnologie ermittelt zugleich direkt den Methangehalt des Biogases. So lassen sich unvorhergesehene Ereignisse in der Vergärung rechtzeitig entdecken und umgehend korrigieren.

Durch diese Projekte entwickelte sich eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Wernsing und Endress+Hauser. Und der Effizienzweg des Unternehmens geht weiter: Das geklärte Abwasser soll künftig mittels Ultrafiltration und Umkehrosmose zur weiteren Nutzung in technischen Anlagen aufbereitet werden. Zudem soll ein Biomasseheizwerk Dampf für die Produktionsanlagen erzeugen. Die Klimastrategie des Unternehmens sieht vor, die CO2-Emissionen bis 2025 um 40 Prozent gegenüber 2018 zu reduzieren; die Stromerzeugung aus Biogas soll um 40 Prozent auf über 20 Millionen Kilowattstunden jährlich gesteigert werden.