Heiße Sache
Hilfskreisläufe sind für den Betrieb industrieller Anlagen unerlässlich. Doch viel Prozessenergie verpufft ungenutzt. Um das zu ändern, müssen die richtigen Stellschrauben gedreht werden. Das gelingt nur mit der passenden Messtechnik.
OPTIMIERUNG
Wenn Oliver Seifert von Hilfskreisläufen spricht, benutzt er dafür gern die englische Abkürzung: WAGES. Das Wort setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Energieträger Wasser, Druckluft, Gas, Strom und Dampf (auf Englisch Water, Air, Gas, Electricity, Steam) zusammen – und steht zugleich für Arbeitslöhne. Das passt für den Experten für Wirbelzähler und Dampfmanagement bei Endress+Hauser: „Hilfskreisläufe sind wie Dienstleister: Sie halten die Kernprozesse einer Anlage am Laufen.“ Zugleich lohnt sich für mehr Nachhaltigkeit gerade hier ein genauer Blick: „Da Hilfskreisläufe zu den größten Energieverbrauchern in der Industrie gehören, ist das Dekarbonisierungspotenzial riesig – und trotzdem wird es häufig noch übersehen“, betont Oliver Seifert.
Den größten Hebel bietet die Prozesswärme. Sie wird meist aus Gas, Kohle oder Öl erzeugt. In Europa macht sie zwei Drittel des gesamten Energieverbrauchs der Industrie aus – und davon wiederum entfällt geschätzt fast ein Viertel auf Prozessdampf. Wollen Anlagenbetreiber ihre Emissionen mindern, können sie die Dampferzeugung auf nicht-fossile Technologien wie E-Heizkessel oder industrielle Wärmepumpen umstellen, die bislang verschwendete Abwärme nutzen. Doch das erfordert oft hohe Investitionen; zuvor muss sich zudem die technische Machbarkeit zeigen. „In bestehenden Anlagen ist es meist einfacher, die Energieeffizienz zu steigern“, hält Oliver Seifert fest. Die Installation moderner und präziser Messtechnik an den entscheidenden Stellen hilft, die Kosten zu senken – und erhöht zudem die Sicherheit.
Sparen mit System: Das Erzeugen, Verteilen und Nutzen von Dampf kann in bestehenden Anlagen einfach optimiert werden.
40%
der fossilen Energie werden in der Prozessindustrie allein für das Erzeugen von Dampf in Kesseln aufgewendet.
NASSDAMPF KEINE CHANCE GEBEN
Ein entscheidender Punkt ist dabei die Dampfqualität. „Ein optimaler Wirkungsgrad wird erreicht, wenn es sich um zu 100 Prozent trockenen, gesättigten Dampf handelt“, sagt Oliver Seifert. Auf dem Weg vom Kesselhaus zu den Verbrauchern kann der Dampf kondensieren und sich Nassdampf bilden, etwa durch mangelhafte Isolation der Rohre, defekte Kondensatableiter oder Druckund Temperaturschwankungen. Dieser Feuchteanteil führt nicht nur zu Energieverlusten, sondern oft zu gefährlichen Dampf- und Wasserschlägen. „Endress+Hauser Prowirl 200 kann als weltweit erster Wirbelzähler die Dampfqualität direkt im Rohr genau erfassen und schlägt bei Nassdampf Alarm“, sagt Oliver Seifert. So lassen sich bei Bedarf schnell Gegenmaßnahmen ergreifen.
Wichtig ist auch die Qualität des Speisewassers. „Stimmt diese nicht, gibt es Korrosion oder Ablagerungen im Kessel, was dessen Effizienz beeinträchtigt und seine Lebensdauer reduziert“, erklärt Oliver Seifert. Oft nehmen Anlagenbetreiber noch manuelle Proben, um die relevanten Paramater im Labor zu analysieren, und dies nur alle paar Tage. Speziell für industrielle Dampferzeuger hat Endress+Hauser ein platzsparendes, anschlussfertiges Analysesystem entwickelt. Das zieht kontinuierlich Proben, kühlt diese und misst pH-Wert, Leitfähigkeit und gelösten Sauerstoff. „Durch die ausgefeilte Geometrie kommt unsere Lösung mit einem Bruchteil der Probenmenge herkömmlicher Systeme aus“, erläutert Oliver Seifert. Entsprechend reduziert sich der Kühlwasser- und Energieverbrauch.
Noch mehr können Anlagenbetreiber herausholen, wenn sie die Standardmesstechnik des Kessels ganz gegen moderne Instrumente austauschen. „So können wir den spezifischen Energieverbrauch und den Wirkungsgrad des Kessels überwachen und in der Folge den Brennstoffverbrauch minimieren“, sagt Oliver Seifert. Wichtig ist dabei, Durchfluss, Druck und Temperatur präzise zu messen. Auch hier spielt unter anderem der Wirbelzähler Prowirl 200 wieder seine Stärken aus: Er arbeitet hochgenau, wo sich andere Geräte bei Vorhandensein von Nassdampf typischerweise Messfehler von fünf Prozent und mehr erlauben. Das ganze Potenzial erschließt sich, wer die Daten sammelt, auswertet und richtig analysiert, betont Oliver Seifert: „Ein umfassendes Energiemonitoring kann den Energieverbrauch bei Dampfprozessen um bis zu 15 Prozent senken.“
Veröffentlicht am 04.03.2024, zuletzt aktualisiert am 11.03.2024.
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