Generations- wechsel

Anfang 2024 kommt es zum Wechsel an der Spitze von Endress+Hauser: Klaus Endress wird als Präsident des Verwaltungsrats aufhören. Ihm soll CEO Matthias Altendorf nachfolgen. Chef der Firmengruppe wird Peter Selders, der bislang das Kompetenzzentrum für Füllstands- und Druckmesstechnik leitet.

Text: Martin Raab
Fotografie: Andreas Mader, Christoph Fein
Peter Selders
Generational Change

Immer wieder hatte Dr. h. c. Klaus Endress (Jahrgang 1948) selbst angekündigt, dass er zum Jahreswechsel altersbedingt seine Verantwortung als Präsident des Verwaltungsrats abgeben wird. Er wird weiter Vorsitzender des Familienrats sein – aber keine aktive Rolle mehr im Unternehmen innehaben.

Seit fast 45 Jahren prägt der zweitälteste Sohn des Firmengründers die Entwicklung von Endress+Hauser. Bis heute trägt vieles im Unternehmen seine Handschrift. Zugleich bereitete Klaus Endress den Generationswechsel in der Gesellschafterfamilie über Jahre vor. Alle Entscheidungen trafen Gesellschafter, Familie und Verwaltungsrat im Einvernehmen. Dem voraus gingen viele Überlegungen und lange Gespräche. Der scheidende Verwaltungsratspräsident betont: „Alle Positionen haben wir mit Menschen besetzt, die wir kennen, denen wir vertrauen, die kompetent sind und die für unsere Kultur stehen.“

NACHFOLGER AUS DEN EIGENEN REIHEN

Neuer Präsident des Verwaltungsrats soll zum 1. Januar 2024 Matthias Altendorf werden. Aus Sicht der Gesellschafter sei er die am besten geeignete Person, sagt Klaus Endress: „Er kennt unser Unternehmen seit 35 Jahren. Seit fast einem Jahrzehnt führt er die Firmengruppe mit Umsicht und Erfolg. Außerdem verkörpert Herr Altendorf die Endress+Hauser Kultur vorbildlich und steht für die Werte, die unser Unternehmen ausmachen.“

IN FAMILY HANDS

Endress+Hauser wurde 1953 vom Schweizer Ingenieur Georg H. Endress (damals 29) und dem deutschen Genossenschaftsbanker Ludwig Hauser (58) gegründet. Nach Hausers Tod 1975 wollten dessen Erben ausbezahlt werden; Endress wurde alleiniger Gesellschafter. Noch zu Lebzeiten übertrug der Firmengründer das Unternehmen zu gleichen Teilen seinen acht Kindern. Vier Prozent der Aktien hält die gemeinnützige Georg H. Endress Stiftung, die Projekte in Bildung, Ausbildung und Wissenschaft unterstützt.

Die Nachfolge als CEO der Firmengruppe wird Dr. Peter Selders antreten. Der promovierte Physiker ist 53 Jahre alt, arbeitet seit 2004 bei Endress+Hauser Level+Pressure und leitet seit 2019 das Product Center. „Herr Selders hat bewiesen, dass er Menschen führen und begeistern kann, dass er den Spirit of Endress+Hauser in sich trägt und dass er fähig ist, eine große Organisation erfolgreich weiterzuentwickeln“, sagt Klaus Endress. 

In seiner neuen Rolle als Chef der Firmengruppe wird ihm Matthias Altendorf mit all seiner Erfahrung und seinem Wissen zur Seite stehen. Unterstützt wird der CEO zudem durch das Executive Board, das in seiner Zusammensetzung unverändert bleibt. Die Nachfolge von Peter Selders an der Spitze des Kompetenzzentrums für Füllstands und Druckmesstechnik wird Dr. Dirk Mörmann (49) antreten, bisher Hauptbereichsleiter Technik und Mitglied der Geschäftsleitung.

ZWEITER VERTRETER DER FAMILIE

Die Gesellschafterfamilie soll, wie bisher, durch zwei Mitglieder im Verwaltungsrat vertreten sein. Neben Sandra Genge, die seit 2022 Verwaltungsrätin ist, wird deshalb zum 1. Januar 2024 dort Steven Endress Platz nehmen. Der 44-jährige Enkel des Firmengründers arbeitet seit 2012 bei Endress+Hauser und ist seit 2016 Geschäftsführer im Vereinigten Königreich. Die Geschicke von Endress+Hauser Großbritannien wird ab 1. Mai 2023 Iain Cropper (51) lenken. Als Mitglied der Geschäftsleitung verantwortet er dort bisher das operative Geschäft.

Klaus Endress Steven Endress Sandra Genge

Familiäre Runde: Der scheidende Verwaltungsratspräsident Klaus Endress (links) mit den beiden Verwaltungsratsmitgliedern Sandra Genge (seit 2022) und Steven Endress (ab 2024).

Enge Bindung

Künftig werden zwei Personen an der Spitze der Endress+Hauser Gruppe stehen, die nicht der Gesellschafterfamilie angehören. Dennoch bleibt die Familie dem Unternehmen auf vielfältige Weise verbunden. Ein Schlüssel dazu ist die Charta der Familie Endress. In deren Vision heißt es: „Endress+Hauser soll ein erfolgreiches Familienunternehmen bleiben. Die Familie wird weiterhin prägend auf das Unternehmen einwirken.“ Die Charta schafft dafür den Rahmen: Sie stärkt mit klaren Prinzipien und festen Institutionen den familiären Zusammenhalt, regelt die Mitwirkung im Unternehmen und führt junge Familienmitglieder an das Geschäft heran.

Wichtigstes Gremium in diesem Zusammenhang ist der Familienrat. Er bildet das Bindeglied zwischen Familie undUnternehmen und entscheidet in allen bedeutenden Angelegenheiten. Insbesondere begleitet er junge Familienmitglieder, die im Unternehmen arbeiten möchten. Eine Mitarbeit ist auf allen Ebenen möglich; auch für Praktika oder eine Ausbildung steht die Firma offen. Dabei müssen Kandidaten aus der Familie einem Drittvergleich standhalten. Wer eine Gesellschaft oder die Gruppe leiten will, muss entsprechende Qualifikationen und Erfahrungen mitbringen.

ZAHLREICHE ZUSAMMENKÜNFTE


Die über 70 Mitglieder der Familie kommen mehrmals jährlich in größerer Runde zusammen. An der Generalversammlung legen Verwaltungsrat und Executive Board den Aktionären Rechenschaft ab. Die Familien-Generalversammlung befasst sich tags zuvor in größerer Runde mit der Entwicklung der Gruppe. Der Familientag verbindet die familiäre Zusammenkunft – jedes Jahr an einem anderen Ort – mit geschäftlichen Einblicken. Im Familiencamp lernt die jüngere Generation sich selbst und das Unternehmen besser kennen. Und auch zum gemeinsamen Weihnachtsfest trifft sich die Familie