Eine Aufgabe für Generationen

Der Weg in die Klimaneutralität stellt die Industrie vor gewaltige Herausforderungen. Wie groß die Aufgabe ist, zeigt das Beispiel der Metallindustrie. Die gute Nachricht: Die notwendigen Technologien sind verfügbar. Wie sie erfolgreich eingesetzt werden können, diskutieren Burkhard Dahmen, CEO des Anlagenbauers SMS group, und Endress+Hauser CEO Matthias Altendorf. 

Fragen: Laurin Paschek
Fotografie: Christoph Fein
Matthias Altendorf and Burkhard Dahmen

Herr Dahmen, die SMS group zählt zu den führenden Unternehmen im metallurgischen Maschinen- und Anlagenbau. Unter dem Hashtag #turningmetalsgreen will sie Wegbereiter einer CO2-neutralen Metall­industrie sein. Wie kann SMS zur grünen Transformation beitragen? 


DAHMEN: Bei der herkömmlichen Erzeugung von Stahl, Aluminium und Kupfer entsteht sehr viel Kohlendioxid. Die Produktion dieser Metalle verursacht etwa zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen. Besonders relevant ist die Stahlindustrie. Sie verwendet Kohle, um im Hochofen das Eisen auszuschmelzen und Roheisen zu erzeugen. Weil sich dabei der Kohlenstoff mit dem Sauerstoff aus dem Eisenerz verbindet, entsteht sehr viel CO2. Um das zu ändern, verfolgen wir zwei technologische Ansätze. Erstens ersetzen wir im sogenannten Direktreduktionsverfahren die Kohle durch Wasserstoff oder ein Synthesegas, um das Eisenerz in Roheisen umzuwandeln. Idealerweise wird der dabei eingesetzte Wasserstoff mit regenerativer Energie gewonnen. Das Direktreduktionsverfahren setzen wir für Thyssenkrupp Steel in Duisburg und für das Startup H2 Green Steel in Schweden um. Es ist allerdings ein langer Weg, bis die gesamte Stahlindustrie auf diese Weise dekarbonisiert werden kann.

 


Deswegen verfolgen Sie noch eine andere Route?


DAHMEN: Genau. Wir können bestehende Anlagen optimieren, indem wir im Hochofenprozess zusätzlich Wasserstoff oder Synthesegas einblasen. Dadurch wird deutlich weniger Kohle benötigt, um das Roheisen zu erzeugen. Entsprechend sinken die CO2-Emissionen um mindestens ein Drittel, perspektivisch sogar um bis zu zwei Drittel. Zugleich verfolgen wir unter #turningmetalsgreen einen ganzheitlichen Ansatz, der auch das Recycling von Metallen und die Verwertung von Reststoffen umfasst. Zwei Beispiele: Mit der Hamburger Firma Aurubis bauen wir in den USA eine Anlage zum Einschmelzen und Aufbereiten von Elektroschrott. Und für Mercedes-Benz entwickelt unser Joint Venture Primobius eine Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien, in der wir die Batteriezellen zunächst schreddern und anschließend die wertvollen Rohstoffe wie Cobalt oder Nickel in einem nasschemischen Verfahren extrahieren.

 


Ihre Beispiele zeigen eine hohe Dynamik. Welche Bedeutung haben Klimaschutz und Nachhaltigkeit als Treiber für Ihr Geschäft?


DAHMEN: Die grüne Transformation ist eine riesige Chance, weil wir über die notwendigen Technologien verfügen. Wir sind bereit, mit unseren Kunden diesen Weg zu gehen. Uns geht es nicht nur darum, unsere Produkte zu verkaufen, sondern wir betreiben auch aktiv Projektentwicklung. Wir sehen uns als langfristigen Partner unserer Kunden, sind mit ihnen im intensiven Austausch und entwickeln die Projekte gemeinsam weiter.