Blick ins Bier

Es muss nicht immer gleich KI sein. Auch mit einem Multisensor-System wie dem Fermentation Monitor QWX43, der Futter für klassische Algorithmen in der Cloud bietet, können Anwender von der Digitalisierung profitieren. Mikrobrauer Armin Pillmeier nutzt die Echtzeitanalyse, um Gärprozesse gezielt zu steuern.

Fragen: Marlene Etschmann
Fotografie: Christoph Fein
Microbrewer Armin Pillmeier

Digitalisierung

Herr Pillmeier, Sie führen eine Mikrobrauerei, die technisch ausgestattet ist wie eine große.

Gerade weil mein Betrieb so klein ist, ist es wichtig, möglichst viele Prozesse zu automatisieren. Nur so kann ich mit meiner eigenen Manpower und einem Teilzeit Mitarbeiter 1.000 Hektoliter Bier pro Jahr brauen. Der Fermentation Monitor hält mir den Rücken frei, damit ich mich um andere Dinge kümmern kann. Den Vertrieb zum Beispiel.

 

Wie sieht dieses Rückenfreihalten konkret aus?

Ohne den Monitor muss ich täglich Proben aus dem Gärtank nehmen. Das dauert eine Viertelstunde und ein geöffneter Tank ist jedes Mal ein Infektionsrisiko, auch wenn man noch so sauber arbeitet. Dann spindele ich die Proben und tippe die Messwerte in eine Excel Liste ein. Den Alkoholgehalt lasse ich außer Haus bestimmen und bekomme das Ergebnis erst am übernächsten Tag. Der Fermentation Monitor zeigt die Werte dagegen in Echtzeit an.

 

Nutzen Sie die Messwerte über die Analytik hinaus?

Über die Netilion Umgebung, also das IIoT Ökosystem von Endress+Hauser, laufen die Werte direkt in das Prozessleitsystem und ich setze sie ein, um die Gärung aktiv zu steuern. Die entsprechenden Ventile sind digital ansprechbar, so läuft der Gärprozess vollautomatisch ab. Das ist gerade an Wochenenden wichtig, wenn wir Events veranstalten. Da kann ich mich in aller Ruhe um die Gäste kümmern und das Bier gelingt trotzdem.

Microbrewer Armin Pillmeier

Sie arbeiten seit einem Jahr mit dem Fermentation Monitor QWX43. Welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?

Durchweg positive. Die Installation war einfach und seitdem läuft das System problemlos. Bevor ich Vollzeit Brauer wurde, habe ich als Projektingenieur zehn Jahre lang Brauanlagen geplant und optimiert. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es am Markt kein vergleichbares Gerät gibt, das aus Daten und Algorithmen diesen Nutzen schafft. Vor allem die Genauigkeit der Werte ist unschlagbar.

 

Gibt es Biersorten, bei denen der Monitor besonders nützlich ist?

Ja, gerade bei meinem alkoholfreien Bier ist es besonders wichtig, die Gärung sehr gut im Griff zu haben. Den Alkohol nachträglich aus einem herkömmlichen Bier herauszuziehen ist technisch sehr aufwendig. Stattdessen verwende ich eine spezielle Hefe, die nur Spuren von Alkohol erzeugt. Das Aroma optimiere ich durch Hopfenstopfen. Das heißt, ich setze dem durchgegorenen Bier nochmal Hopfen zu. Dabei kommt die Gärung wieder in Gang und der Fermentation Monitor hilft mir, unterhalb von 0,5 Prozent Alkohol zu bleiben.

Beim Bockbier ist es genau andersherum. Das erreicht einen hohen Alkoholgehalt von über 6 Prozent, das stresst die Hefe zum Ende hin. Die Gärung dauert länger als bei anderen Sorten, aber durch das Messgerät weiß ich immer, wo der Prozess gerade steht.

BERECHNEND EINFACH

Der Fermentation Monitor QWX43 misst Dichte, Viskosität, Temperatur und Schallgeschwindigkeit im Bier. Die Messwerte werden in die Netilion-Cloud von Endress+Hauser übermittelt. Dort berechnet ein statischer Algorithmus in Echtzeit den Zucker- und Alkoholgehalt sowie den Gärverlauf. Die Daten lassen sich von überall abrufen – und sogar über eine Schnittstelle für die aktive Steuerung des Brauprozesses nutzen.